TOTAL PRODUCTIONS SOMMER 2000 EINE AUDIENZ MIT TONY ANDREWS

Wenn irgend jemand in der Live-Industrie behaupten kann, immer schon dort gewesen zu sein und gearbeitet zu haben , dann ist es Tony Andrews.
Mike Mann hat den 51 Jahre alten Lautsprecher Guru im tiefsten, dunkelsten Surrey aufgespürt.
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Für jemanden, der sein ganzes Leben mit zuhören verbracht hat, ist Tony Andrews ein hervorragender Redner. Obwohl er sein Leben völlig dem Design des vollendeten Lautsprechers gewidmet hat, findet er Zeit für seine ausgeprägten Interessen in Philosophie, Sozialgeschichte und (u.a.) Windsurfen. Seine größte Liebe gehört jedoch dem Klang – eine Passion, die sich in den späten 60ern entwickelt hat und seitdem ungetrübt geblieben ist.

“Es war eine Kombination vom Hören des ersten Stereo Sound und dem Entdecken unerforschter Bereiche des Geistes,” gesteht er bei der Befragung zum Beginn seiner Tätigkeit ein. “Ich fand es einfach toll und stellte mir vor, dass es für ein großes Publikum phantastisch sein müsste, gemeinsam eine Band oder Aufnahme in Stereo zu hören.” Aufnahmen? Ist es nicht das Wesen von Live Musik, dass es – na ja live – sein sollte? “Nein, es ist mir gleichgültig ob live oder Aufnahme. Es ist der Klang an sich, den ich liebe – es ist eine Arena, wo Geist und Geist sich wirklich treffen können. Es geht um das gemeinsame Erleben einer Erfahrung, die alle gemeinsam machen.”

Dies mag dann auch Andrews kontinuierliches Interesse für aktuelle Musik erklären, die Schritt gehalten hat mit der heutigen Tanzszene seit den Tagen von Stax und Atlantic Dancehallsounds. Funktion One (die Firma, die Andrews seit seinem Bruch mit Turbosound 1992, führt) steht heute in enger Verbindung mit großen Dance-Events, durch Bereitstellung eines die Menschenmenge in Atem haltenden VIP Zeltsystems für das diesjährige Homelands Festival sowie Einsätze in Glastonbury und kürzlich eine Installation in Ibiza.

“Das Homelands Konzert war ein großer Tag für mich,” erinnert er sich, “Wenn Du Musik hörst, als ob es zum ersten Mal wäre, dann weißt Du, dass Du es richtig gemacht hast. Genauso war Underworld in Glastonbury ein großartiger Event – einer von den Momenten, wo alles im Fluss ist und die Welle überschwappt. Das gesamte Glastonbury Festival war so – jetzt dagegen gibt es nur noch Kassen mitten auf dem Feld.”

Kosmische Mission
Andrews hat begonnen, einen alchimistischen Weg zu gehen – wie er es nennt, indem er mit Hawkwind und Pink Fairies arbeitete, hauptsächlich wegen seiner damaligen politischen Ziele. “Die meisten Leute in der Industrie hatten eine geschäftliche Berufung. Meine Mission war eher kosmischer Art.,” lacht er. Andrews tat sich mit Tim Isaac (jetzt ein Hauptpartner von ATC), auf der Basis gemeinsamer Erfahrungen, zusammen. “Tim und ich hatten gemeinsam, dass wir beide mit mid-range Kegel Treibern experimentierten,” führt Andrews aus, “(wir hassten beide den Sound von Kompressiontreibern, die bis 800Hz runter arbeiteten und wussten, dass wir etwas besseres erreichen konnten. Es gab einige gute 15″ Treiber und Lautsprecher – wie die RCA W-bin und Boxen von Vitavox – aber was benötigt wurde, war die Klarheit im stimmlichen Bereich.”

An Andrews’ ersten Designs fanden Namen wie Jefferson Airplane und Ricky Farr Gefallen. Während dieser Zeit lernte Andrews auch John Newsham kennen – und Ende der 70-iger wurde Turbosound geboren, anfangs als ein Verleih. “Wir arbeiteten aus einem Schuppen auf der Ridge Farm meines Bruders heraus,” erklärt Andrews und macht darauf aufmerksam, dass trotz der bescheidenen Verhältnisse, Turbosound Giganten wie Santana und Status Quo zu seinen Kunden zählte.

Trotz seiner regelmäßigen Tourneeverpflichtungen, entwickelte Andrews das ‘Festival System’ weiter; ein Großbeschallungssystem basierend auf Doppel 18″ Bass Boxen, 2 x 10″ low mid Treibern und einer zentralen high-mid und HF Sektion. Zum ersten Mal wurde es in Glastonbury 1979 eingesetzt, wo es alle Erwartungen erfüllte. Als es jedoch für kleinere Veranstaltungen geteilt eingesetzt wurde, wurden zuvor nicht entdeckte Fabrikationsmängel entdeckt wodurch das System erheblich an Akzeptanz verlor.

“In Glastonbury fiel niemandem auf, dass die Leute, die die Boxen gebaut hatten, die Phase Plugs nicht mit dem Treiber verbunden hatten– als Resultat kam einem das ganze wie ein riesiges Pfeifkonzert vor,” erinnert sich Andrews. Er sieht die Verantwortlichen immer noch sehr kritisch, gibt aber zu, dass durch sein Drängen, das gesamte System während des Konzertes neu zu bestücken, das der beste Test überhaupt für seine Beziehung mit John Newsham war! Obwohl Andrews überhaupt keinen Einfluss auf die Konstruktion der fehlerhaften Boxen hatte, führte diese Episode zu einem irreparablen Bruch mit Tim Isaac. “Das positive Ergebnis daraus war, dass ich gezwungen war, an den Treibern zu arbeiten– weil angenommen wurde, dass sie die Wurzel des Problems waren.”
Entscheidende Jahre
Andrews’ Forschung war ein entscheidender Faktor für die Gründung von Precision Devices, mehr noch ermöglichte das den Einsatz von Treibern in PA- und Studioprodukten. Inzwischen hatte Alan Wick (der als Partner in Turbosound’s Fabrikationsableger angefangen hatte) die Konkurrenz in den Staaten überprüft. “Alan Wick hatte das Clair Brothers’ System, alles in einer Box mit integrierter Flying Hardware gesehen. Wir glaubten, dass wir etwas ähnliches produzieren könnten, ebenso einfach zu benutzen aber wesentlich besser im Klang. Dies wurde dann schließlich die TMS-3.”
Die TMS-3, die Turbosound in den USA auf den Markt brachte, erwies sich als Initialzünder für die Entwicklung zu einem der weltweit führenden Lautsprecherhersteller.
the festival system with status quo at wembley
Aber das war nicht der Geschäftszweig, für den Andrews sich interessierte. “Ich war immer überzeugt, dass wir technisch mehr machen könnten – aber überhaupt nicht auf die geschäftliche Seite eingestellt. Ich hatte die Kontrolle an Leute verloren, die mich davon überzeugt hatten, dass sie bessere geschäftliche Fachkompetenz haben und ich konnte nichts dagegen tun.”

Nach einer unruhigen Phase und der Übernahme von Turbosound durch AKG, verließ Andrews die Firma und gründete Funktion One. Er machte sich sofort an ein Problem mit seinem letzten Design, das Flashlight System. “Das Problem mit Flashlight war wieder einmal, dass man so viele Boxen benötigte, um die richtige Flächendeckung für einen kleinen Raum zu erhalten. Um dies zu umgehen, entwickelten wir Floodlight –und unseren Kunden zuliebe, die das long-throw System gekauft hatten, machten wir ein Lizenzabkommen mit Turbosound.”
Neuer Anfang
Andrews’ neue Firma wurde die Antithese all seiner Erfahrungen der letzten zehn Jahre. Forschung hat Vorrang vor Profit, die Mitarbeiter der Firma sind alle profitbeteiligte Partner und die Beziehung zu Kunden ist persönlicher Art. “In vielerlei Hinsicht sind wir wieder da, wo wir angefangen haben – Geschäfte mit Freunden machen, so wie es uns gefällt.” Andrews bleibt bei dem Hinweis, dass diese Einstellung nicht konkurrenzfähig sei, unbeeindruckt.
“Es scheint immer noch ein natürlich empfindendes Publikum zu geben – es gibt gleichgesinnte Leute da draußen, die sich darum kümmern wie ein Soundsystem klingt. Ob jeder damit einverstanden ist, ist nicht so wichtig.”
the millennium dome central cluster – funktion one resolution 9s
Obwohl Funktion One’s Ruf der Firma einige namhafte Prestigeaufträge einbrachte (inkl. der Hauptbühne des Millennium Dome in London), beschwören andere kleinere Projekte wie der Soundfield Dance Event sehr viel angenehmere Erinnerungen bei Andrews herauf. “So lange ich in der Audiobranche bin, war da der Traum, wirklichen Surround Sound zu produzieren,” erklärt er, “aber normalerweise bekommen wir eine sehr abgeschwächte Version davon. Was wir versuchen zu erreichen, ist eine solide Projektion – so solide, dass man darauf klettern kann. Das ist das, was Leute wollen, die nicht verstehen was sie hören.. Sobald sie etwas hören, dass wirklich gut ist, genießen sie es. Beim Homelands Gig erreichten wir mit vier Resolution 9 Lautsprechern mehr als mit 54 im Dome! Endlich hörte ich wie sich zuviel reiner Sound anfühlt. Es tut auf eine völlig neue Weise weh – weil es nicht die Verzerrung ist, die man hört. Es gibt eine sehr feine Linie zwischen -gerade genug Stimulation- und -es zu übertreiben-.”
Andrews ist schonungslos gegenüber der Tendenz ‘me-too’ Produkte zu produzieren, macht aber das Modebewusstsein der Anwender dafür verantwortlich. “Anfangs war es beinahe unmöglich, Akzeptanz für die frühen Turbosound Geräte zu bekommen – aber einmal akzeptiert, konnte es nicht schnell genug gehen. Jeder wollte es haben – was immer dazu führt, dass Ideen kopiert werden. Heutzutage interessiert sich jeder für Line Arrays. Christian Heil hat einen Superjob gemacht, indem er eine alte Technik auf völlige neue Art und Weise nutzte – aber es scheint so zu sein, dass jeder Lautsprecherhersteller wenigstens ein Line Array System verkaufen muss.”

Das führt natürlich zu der Frage – werden wir bei Funktion One Line-Array Design zu sehen bekommen? “Nein – es muss jemanden geben, der etwas Anderes macht! Wir sind das einzige Team, dass bei seinem alten Konzept geblieben ist und es entwickelt hat – und sich nicht auf jede neue Mode gestürzt hat, die daher kam.”
Clevere Gehäuse
Trotz der unaufhaltsamen Weiterentwicklung der Technologie, haben sich Andrews Designmethoden über die Jahre nur wenig verändert. “Wir arbeiten an den Boxen weitestgehend mit „try and error“ – aber mit der gemeinsamen großen Erfahrung haben wir ein Gespür dafür entwickelt, was einigermaßen funktionieren wird. Natürlich kann man den linearen Ansatz übernehmen und die Boxen zuerst zeichnen aber es gehört mehr als nur Wissenschaft dazu. Es gibt sehr viele Hersteller, die viel Resonanz haben und es theoretisch korrekt machen, deren Systeme aber irgendwie nicht richtig klingen.”

Funktion One hat sechs Jahre benötigt, um eine Auswahl von Lautsprechern zu haben, die nach Andrews Ansicht das Ohr des Hörers zu würdigen wissen. “Es gibt Sachen die benötigen Monate oder Jahre des Zuhörens bevor ich glücklich bin,” sagt er, “Es ist ein kreisförmiger Prozess – Man muss Dinge liegen lassen und dann wieder erfrischt zu ihnen zurückkommen. Gelegentlich reagiert man emotional auf das, was man hört – dies ist ein Zeichen für guten Sound.”

Die Firma hat auch eine ungewöhnlich lange Zeit mit dem Betatest ihrer neuen Resolution Produkte mit einigen ausgewählten Anwendergruppen verbracht. “Meiner Meinung nach ist es so, je länger wir ein System beta- testen desto besser. Andernfalls fühlen wir uns schuldig, weil wir unsere halbfertigen Konzepte einer ahnungslosen Industrie andrehen. Unschuldige zahlen mit ihrem hart verdienten Geld – und wenn es nicht funktioniert, haben wir ihr Vertrauen mißbraucht. Probleme draußen zerstören den Ruf und schwächen die Selbstachtung.”

funktion one resolution 2s – destined for rental company Blue Box Andrews hat dem Weg , den die Audioindustrie seit den Anfängen eingeschlagen hat, gemischte Gefühle. “In gewisser Hinsicht ist es schlimmer geworden. Es gab immer schon eine allzu große Technikverliebtheit und 19“- Gespräche, die Audioleute von sich geben. Technologie ist nicht die einzige Antwort – tatsächlich scheint die Menge der eingesetzten Technik im umgekehrten Verhältnis zur Kreativität der Beteiligten zu stehen. Andererseits ist es eine wichtige Tatsache, dass Leute aller Altergruppen es gelernt haben, gute Qualität zu hören. Die Menschen wollen mehr Sound wo immer sie sind, und die Frage nach Qualität geht sprunghaft in die Höhe. Wir haben zwar in den letzten zehn Jahren einen weiten Weg zurückgelegt – aber es gibt immer noch einen sehr weiten Weg vor uns.-.”

Und die Zukunft – was bringt die? Hat das Konzept eines gebogenen Stück Kartons, welches von einem Magneten herum-geschubst wird, endlich das letzte Stadium seiner Entwicklung erreicht? Andrews sagt: “Da ist an sich etwas Verrücktes an einem Konuslautsprecher. Keine der Alternativen, die jemals entwickelt wurden, kommen dem nahe. Wir haben es mit Elektrostaten, flachen Panelen und alternativen Materialien versucht, aber wir kommen immer wieder zur Pappe zurück. Es ist organisch, es ist unberechenbar.” Was vielleicht, wie Tony Andrews selbst, der größte Schlüssel zu seinem Erfolg ist.
effects position at the dome with resolution 9s and additional mid/hi enclosures